Der Winter, bis Ende März, wo hoffentlich dann der Frühling endlich da sein wird, ist bei uns Winzern dem Rebschnitt gewidmet. Und auch wenn jeder Rebstock anders ist und seine individuelle Behandlung fordert, ist der Ablauf doch immer wieder gleich.
Deshalb erlaube ich mir, einen älteren Artikel, der das gut zusammenfasst, aus meinen eigenen Archiven zu holen, selbst die Einleitung ist auch in diesem Jahr noch / wieder aktuel - der geneigte Leser dieses Winzertagebuchs möge mir also die ökonomische Copy-Paste-Methode verzeihen - den Originalartikel findet man hier, die Zustimmung der Autorin wurde eingeholt. Nur das mit dem Wetter und dem Sonnenschein stimmt leider in diesem Jahr nicht so ganz: immer noch eher feucht-kalt mit vielen Schauern und Wind, die die Arbeit noch nicht zum Vergnügen machen...
Zitat Anfang:
"Nach einem ausgedehnten, teils interessanten, teils befremdenden aber auch amüsanten längeren Ausflug in die Welt der deutschen Weinblogger, sei's als Beobachter ihrer Querelen, sei's als rasender Weinrallyereporter, ist jetzt wieder Ruhe in Lisson eingekehrt und die Winzerin widmet sich ihren eigentlichen Aufgaben.
Zum Glück ist das schöne Wetter auch zurück - also Rendez-vous avec le Soleil beim Winterschnitt im Weinberg.

Über den Ablauf dieser zeitaufwändigen Arbeit, bei der man eine der wichtigsten Grundlagen für die Qualität des kommenden Jahrgangs legt, habe ich ja schon Anfang Januar berichtet. Da gibt es auch Links auf frühere Artikel zu diesem Thema und Quellen bei anderen Winzerbloggern. Seit gestern gibt es aber zum erstem Mal auch Fotos davon. Alle vorausgehenden Versuche, mit Rechts zu schneiden und mit Links gleichzeitig die Raiser und die Kamera zu halten und dabei etwas anderes als ein Stück Ärmel oder eine Schuhspitze aufs Bild zu bannen, schlugen in den vergangenen Jahren kläglich fehl. Diesmal unterbracht Klaus freundlicherweise kurz seine Holzfällerarbeiten im benachbarten Grüneichenwäldchen , um mich auf frischer Tat im Bild festzuhalten.

Ich arbeite, wie schon berichtet, mit einer elektrischen Rebschere der Firma Electrocoup (und bekomme für diese Schleichwerbung keinerlei Rabatte oder Sonderklicks:-)). Sie wird mit Akupacks betrieben wird, die man wie einen kleiner Rucksack auf den Rücken schnallt und für ungefähr 8 Stunden Autonimie garantieren, ehe man sie wieder aufladen muss. Vorne hängt, wie beim Sherif im wilden Westen ein Lederhalfter am Gürtel, in das man die Schere stecken kann, wenn man mal ein paar Schritte läuft, um den Rücken zu strecken.

Meine Haltung auf den Fotos ist natürlich besonders schlecht fürs Kreuz und geradezu unprofessionell - auch bei geringen Steigungen sollte man sich immer unterhalb des Rebstockes positionieren und so gegen den Hang geneigt arbeiten, um den Rücken zu schonen. Aber was tut man nicht alles für eine Fotosession...
Wie schon im Januarartikel erklärt, forme ich hier nach dem Gobelet- oder Becherschnitt. Man sieht auch am nicht gestutzten Rebstock hinter mir, dass es sich beim Mourvèdre um eine Rebsorte mit sehr wenig biegsamen, aufrecht wachsenden Ruten handelt, weshalb man hier auch auf jede Form von Stütze oder Anbinden verzichten kann. Man muss bei solchen Rebsorten nicht fürchten, dass die Ruten mit den Blättern später am Boden liegen und so die weiteren Arbeiten behindern, wie z.B. das regelmäßige Sensen unserer Dauerbegrünung, den Durchgang für eventuell notwendige Spritzungen oder auch, ganz am Ende, die Ernte.
Die im Idealfall auf 5 bis 6 fruchttragende Ruten beschränkten Weinpflanzen sind durch diese aufrechte Haltung auch immer ideal durchlüftet, so dass keine Staunässe entsteht und eventuelle Feuchtigkeit nach Regen schnell wieder abtrocknet. Das spart Spritzmittel und ermöglicht in trockenen Jahren, wie z.B. 2007, mit nur einer Kupferkalkspritzung im Juli die Pflanzen ausreichend zu schützen - in nördlicheren oder westlicheren Breiten ( Champagne oder Bordeaux) konnten die Kollegen im letzten Jahr in ihren regengebeutelten Weinfeldern mit starkem Befall von falschem Mehltau nur davon träumen.

Hier ein schön offen geformter Stock, an dem man deutlich sieht, dass das Innere für die spätere Sonneneinstrahlung und damit für eine maximale Fotosynthese gut geöffnet ist.
Der kurze Anschnitt ist auf dem letzten Foto dieser Serie gut zu erkennen. Ich schneide so, dass über dem schlafenden Auge an der Basis des Pfropfens ein freies Auge für den zweiten Fruchtreiser bleibt.

Damit sind von meiner Seite die Weichen für die angestrebte Ertragsmenge gestellt - den Rest bestimmt das Klima des Jahrgangs. Nach unserer Erfahrung sollte man beim Mourvèdre eine Etragsmenge von 20 bis 25 hl pro Hektar nicht übersteigen, wenn man konzentrierte Weine mit hoher Lagerfähigkeit für den Barriqueausbau anstrebt, wie sie auch von den besseren Traditionsgütern in Bandol gemacht werden.
Mourvèdre gehört seit einigen Jahren auch zu den Verbesserungs-Rebsorten (cépages améliorateurs) der meisten hiesigen AOCs, wie Saint Chinian, Faugères und generell die Weine der Coteaux du Languedoc. Die Rebsorten Mourvèdre, Syrah, Grenache und Lledoner Pelut müssen mindestens 40% (seit 2005 50%) der Anbaufläche eines AOC Winzers ausmachen und neben den traditionellen Rebsorten Carignan und Cinsault auch zu entsprechenden Mindestanteilen (Mourvèdre mindestens 5%) in die Mischsätze (Assemblages) aufgenommen werden. Reine Rebsortenweine, wie wir sie in Lisson oft aus 100% Pinot Noir oder 100% Mourvèdre erarbeiten, sind vom AOC ausgeschlossen und müssen als Vin de Pays oder, wie in Lisson, als Vin de (très bonne) Table gekennzeichnet werden. "
Ende des Zitats! Im ursprünglichen Artikel folgten am Ende noch ein paar Zahlen zu den Verdienstmöglichkeiten französischer Winzer, bei unterschiedlichen Ertragsmengen als AOC oder Vin de Pays, die ich hier weglasse, weil mir meine Arbeit keine Zeit ließ, die Angaben zu aktualisieren und das durch entsprechende Recherchen mit Quellenangaben zu untermauern - aber rosig sieht es immer noch nicht aus... soviel steht fest.