Die letzten Erntetage in Lisson schon am 15. und 16. September: das gab es noch nie! Normalerweise müssen wir auf die Vollreife der letzten Rebsorte, des Mourvèdre, mindestens bis Ende des Monats warten, manchmal ernten wir ihn auch erst im Oktober. Aber in diesem Jahr, in dem alles früh ausgeschlagen hatte, haben das schöne, sonnige Wetter der letzten Wochen und ein Modellsommer - ohne viel Niederschläge aber mit genügend frischen Nächten, die dieser Rebsorte, von der man in ihrer Heimat Bandol sagt, sie "muss das Meer sehen", den Hitzestress ersparten, uns eine hervorragende Reife beschert, mit perfekt gesunden Trauben (und das nach nur einer Spritzung mit Kupfelkalk und Bio-Schwefel im Juli!).

Die Kerne waren schön reif und knackig, wie der rechts auf dem Foto - und der Traubensaft voller Zucker mit genau dem Säureanteil, den es braucht, um eine ausgewogene Maische zu erhalten.

Und so zogen die Rebscheren ein letztes Mal aus, um ihren Marsch durch den Weinberg zu absolvieren.

Natürlich marschierten sie nicht von alleine, sondern geschickt geführt von den Händen unserer Helferfreunde - jeder von ihnen inzwischen schon vertraut mit den Besonderheiten und Schwierigkeiten des Geländes: man braucht einen sicheren Schritt in der Arena des Cirque des Cèdres, um auf dem Schieferabhang nicht wegzurutschen und man muss seinen Eimer gut am Fuss der Rebstöcke verkeilen, wenn man die Trauben nicht noch einmal bergab aufsammeln will.

Anja und Heiner gehören schon zu den alten Füchsen bei dieser Aufgabe und helfen uns erneut treu in dem Gelände, das Ausdauer und Behändigkeit erfordert.

Neben dem sicheren Tritt braucht man aber auch kräftige Arme, um die Trauben mit vollem Eimer oder Kiste bis zum Rampi-Car, unserem Raupenfahrzeug - zu bringen, das wie immer meisterlich von Klaus durch das zerklüftete Gelände manövriert wird, bis hinunter zum Haus.


Winzer und Helfer sind glücklich, festzustellen, dass die beträchtlichen Anstrengungen, die wir in die Errichtung der neuen zusätzlichen Elektro-Zäune und ihre Pflege investiert haben, bereits ihre ersten Früchte tragen. Wir ernten schöne, unversehrte Trauben - die beiden anderen Sorten des Geländes, petit Verdot und Merlot, gären bereits in mit den Cabernets zusammen im Tank für die Cuvée der "Echelles de Lisson" und beim Mourvèdre wurden lediglich einige Randstöcke von Vögeln kahlgefressen und von einer grünen Eidechse, die vor unseren Augen schnell das Weite sucht. Ein paar Löcher in den Beeren zeigen, dass auch die Bienen sich in den letzten Tagen gerne am Zucker der Trauben gütlich tun.
Am nächsten Tag mache ich schon früh am Morgen alleine im Weinfeld hinter dem Haus, das ebenfalls mit Mourvèdre bepflanzt ist, weiter. Das Wetter ist herrlich, es wird noch einmal ein heißer, sonniger Tag, aber der Wetterbericht warnt uns vor am Montag aufziehenden Gewitterfronten mit viel Regen und vielleicht auch Hagelschlag.
Zwei Überraschungshelfer gesellen sich am frühen Nachmittag zu uns: Jane und Dave (der von den guten Fotos von der Feuersbrunst , von der ich berichtet habe). Es ist die erste Weinernte ihres Lebens, also eine echte Weinbergtaufe.

Sie erledigen die neue Aufgabe mit viel Einsatz und Sorgfalt - gut geschütz im Schatten ihrer Sonnenhüte.


Am Ende des Tages türmen sich die vollen Kisten im Keller. Zum ersten Mal seit langer Zeit können wir den schönen 10 hl Edelstahltank füllen. Nach einer letzten Anstrengung mit dem Holzstampfer und für mich noch einer Wadenübung mit der kleinen Trittleiter als "Stepper", auf die ich mit jeder Ladung, die bis zur Öffnung des Tanks hochgestemmt werden muss, steige, damit ich auf gleicher Höhe mit Klaus ausgestreckten Armen bin, ist es endlich geschafft: die Ernte ist eingefahren!

Der Kreis der Rebscheren schließt sich. Das Unwetter kann kommen: wir werden ruhig schlafen!